Ort: Präsenzveranstaltung (hybrid), Akademie der Künste, Berlin
Datum: 12.11.2024
Am 12. November 2024 nahmen 264 Teilnehmende aus Wirtschaft, Verwaltung, Wissenschaft und Zivilgesellschaft an der 29. NeRess-Konferenz unter der Schirmherrschaft des Bundesumweltministeriums teil. Davon waren 123 Personen vor Ort, während 141 weitere über einen Online-Livestream zugeschaltet waren. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand das Thema „Die Transformation gestalten – Instrumente und Hebel zur Umsetzung einer wettbewerbsfähigen Kreislaufwirtschaft“, bei dem die Teilnehmenden mit verschiedenen Akteur*innen über zentrale Treiber und Ansatzpunkte für die Transformation hin zu einer zirkulären Wirtschaft diskutierten.
In seiner Begrüßung betonte Dr. Martin Vogt, Leiter des Bereichs Ressourceneffizienz, Kreislaufwirtschaft und Werkstoffe des VDI Technologiezentrums, die Bedeutung einer Kreislaufwirtschaft als Beitrag zu Umwelt- und Klimaschutz sowie zu Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschlands. Um diesen Beitrag bestmöglich realisieren zu können, sei es entscheidend, bereichsübergreifend sowie entlang der gesamten Wertschöpfungskette zusammenzuarbeiten und Netzwerke zu bilden. So könne es vermieden werden, in isolierten Silos zu verbleiben.
Im Anschluss gab Dr. Vogt einen kurzen Ausblick auf die Veranstaltungsinhalte, in Form von Panel-Diskussionen und Vorträgen zu den Themenfeldern:
Die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS), die im Juni 2024 nach einem intensiven Stakeholder-Prozess im Entwurf veröffentlicht wurde, verfolgt genau dieses Ziel: eine nachhaltige Transformation, die alle Menschen einbezieht. Die Strategie soll noch im Jahr 2024 vom Kabinett verabschiedet werden.
Eine Kreislaufwirtschaft ist nicht nur angesichts der globalen Umweltkrisen, wie dem Verlust der Biodiversität, dem Klimawandel und der Verschmutzung, von zentraler Bedeutung. Sie trägt durch die Reduzierung des Primärrohstoffverbrauchs und das Schließen von Kreisläufen aktiv zum Schutz von Biodiversität und Klima sowie zur Verringerung der Verschmutzung bei. Darüber hinaus bietet die Kreislaufwirtschaft das Potenzial, Deutschland als exportorientierte Volkswirtschaft in den aktuellen geopolitischen Herausforderungen zu stärken, indem sie die Resilienz der Wertschöpfungsketten erhöht, Kooperationen fördert und die Innovationskraft ausbaut – was letztlich die Wettbewerbsfähigkeit des Landes unterstützt.
Mit den vier Zielen – dem Reduzieren des primären Rohstoffverbrauchs, dem Schließen von Stoffkreisläufen, der Stärkung der Unabhängigkeit von Rohstoffimporten und der Vermeidung von Abfällen – schafft die NKWS Planbarkeit für die Wirtschaft. Auch der Stakeholder-Prozess soll weiterhin fortgeführt werden, da er als entscheidende Voraussetzung angesehen wird, um durch Erfahrungsaustausch und bestehende Netzwerke wie das Netzwerk Ressourceneffizienz gemeinsam die vielen anstehenden Richtungsentscheidungen bestmöglich treffen zu können. Dabei gilt es, die Kreislaufwirtschaft sichtbarer und greifbarer zu machen. Besonders wichtig sind dabei Best-Practice-Beispiele, die nicht nur als Orientierung dienen, sondern auch helfen, Deutschlands Chancen im globalen Wettbewerb zu nutzen.
Dabei könnten die im Rahmen der heutigen Konferenz zu diskutierenden Hebel einen entscheidenden Beitrag leisten. Denn für eine krisenfeste, zukunftsorientierte und erfolgreiche Kreislaufwirtschaft würde es sowohl die Potenziale digitaler Technologien und Prozesse als auch private Investitionsanreize benötigen, die durch politische Maßnahmen unterstützt würden. Zudem wären Unternehmertum und Unternehmergeist unerlässlich, um die Kreislaufwirtschaft nachhaltig voranzutreiben.
Abschließend dankte Frau Umweltministerin Lemke für das kontinuierliche Engagement aller Teilnehmenden auf dem Wege der Transformation zu einer Kreislaufwirtschaft – das brauche es auch weiterhin!
Mit einer Kreislaufwirtschaft böten sich daher gute Möglichkeiten, auch in einer Exportnation innovativ zu sein sowie Wertschöpfung und Arbeitsplätze zu schaffen. Dies setze jedoch voraus, systemisch zu denken und beispielsweise Produkte von Anfang an so zu designen, dass sie nachhaltiger sind und nach ihrem Lebensende gut zugänglich bleiben. Auch Geschäftsmodelle müssten umgesetzt werden, die beispielsweise durch Leasing-Modelle einen stärkeren Rückgriff auf Materialien in Produkten am Ende ihrer Lebensdauer ermöglichen. Dabei bedürfe es einer unterstützenden, gut ausbalancierten politischen Rahmung, die keine Überregulierung bedeutet, jedoch der Wirtschaft die notwendige Rechtssicherheit und ein faires Wettbewerbsumfeld bietet.
Auch die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) trage zu diesem Ziel bei, indem sie sich nach einem breiten Stakeholderdialog mit positiver Resonanz aktuell in der Weiterentwicklung befinde. In der DNS gehe es ebenfalls um die Fragen der Finanzierung und darum, wie die Finanzpolitik die Rahmenbedingungen für eine langfristig nachhaltige Wirtschaftlichkeit gestalten könne. Diese Transformation erfordere eine Ausrichtung im Sinne der Menschen – und damit auch einen zukunftsorientierten „Soundtrack“, der die Menschen mitnimmt und sie motiviert, die Transformation gemeinsam zu gestalten.
Aus den Prozessen der Energiewende schloss er, dass große Fortschritte trotz der Herausforderungen nur erreicht werden können, wenn die Politik ehrgeizige Ziele setzt – und dies gelte ebenso für die Kreislaufwirtschaft. Angesichts der geopolitischen Entwicklungen müssten alle relevanten Stoffströme in den Fokus genommen werden, um mehr Kreislaufführung zu ermöglichen. Dies betreffe etwa den bedeutenden Stoffstrom der Baustoffe, aber auch Batterien und den Automobilbereich, um Kreisläufe für Metalle, Kunststoffe und andere Materialien zu schließen und mehr Rohstoffe zurückzugewinnen, die dann ohne Downcycling in hochwertige Kreisläufe überführt werden sollten. In Bezug auf die Chemieindustrie sehe er den Bedarf, Kreisläufe mit Molekülen zu schaffen, wobei die Wiederverwendung von Kohlendioxid ebenso dazugehöre wie die Kreislaufführung von Plastik. Für eine wirtschaftlich wettbewerbsfähige Kreislaufwirtschaft sei auch die energieintensive Industrie von zentraler Bedeutung.
Als Mittelstandsbeauftragter der Bundesregierung sei er überzeugt, dass die Kreislaufwirtschaft ein Beschäftigungs-Boost sein kann. Das setze jedoch voraus, u.a. mehr in Forschung zu investieren, aber auch digitale Datenräume zu schaffen. Gleichzeitig erfordere es, die nachhaltige Beschaffung zu stärken, indem sie für die ca. 30.000 Vergabestellen im Land durch Entbürokratisierung einfacher gestaltet und durch Kriterien für die Kreislaufwirtschaft unterstützt wird. Denn darüber könnten auch Leitmärkte für die Kreislaufwirtschaft geschaffen werden.
Abschließend plädierte Staatssekretär Kellner dafür, zu prüfen, wie bestehende Förderprogramme besser mit den Anforderungen einer wettbewerbsfähigen Kreislaufwirtschaft in Einklang gebracht werden können. Er freue sich über alle Hinweise aus der Community, da die Bundesregierung gemeinsam mit den Akteuren erarbeiten wolle, wie Forschung und Innovation gestärkt und Deutschland als starkes Wirtschaftsland weiterentwickelt werden könne. Für diesen Prozess betrachtete er die NKWS als einen wichtigen Beitrag.
Digitalisierung – Datenräume für Wertschöpfungsketten und Produkte
In einer Kreislaufwirtschaft gibt es viele verschiedene Akteure, was für die Unternehmen wiederum vielfältige Herausforderungen mit sich bringt, insbesondere in der Aufgabe, die Interessen zwischen Investitionen, Kreislaufwirtschaft, Nachhaltigkeit und Arbeitsplatzsicherheit bestmöglich auszubalancieren. Bereits in der Produktentwicklung müsse die Frage gestellt werden, wie man die genannten Abzweigungen aus der linearen in die zirkuläre Wirtschaft so frühzeitig und systemisch wie möglich mitdenken kann. Durch den Einsatz von KI und Digitalisierung können solche Prozesse und deren operative Umsetzung in der Unternehmenspraxis effizienter gestaltet und gesteuert werden, beispielsweise durch KI-gestützte Optimierungen der Abläufe von Robotern in Produktfertigungsprozessen.
Dabei sei deutlich geworden, dass es vor allem um Datenräume gehe, die umfangreich und vor allem übergreifend, beziehungsweise gemeinsam aufgebaut werden müssten – nicht nur im Hinblick auf den kommenden europäischen Battery Passport. Bei Siemens verfolge man den Ansatz, Datenräume gemeinsam mit anderen Datenentwicklungen für den Shop Floor zu gestalten, ebenso wie mit Blick auf Rückwärtsabfertigung und Demontage, damit alle entscheidenden Akteure frühzeitig eingebunden werden können.
Darunter könne ein sicherer Raum, beziehungsweise ein sicheres (auch cyber-sicheres) Datenökosystem verstanden werden, in dem unternehmensübergreifend Daten sicher ausgetauscht werden können. Dies setze voraus, dass die entsprechende Infrastruktur verfügbar und die Daten durch Standardisierung interoperabel sind, damit sie überhaupt getauscht werden können. Wichtig sei dabei, dass das Datenökosystem keine zentralisierte Cloud darstelle, sondern ein offener Raum mit regelbasierter Teilnahme für alle erforderlichen Parteien, in dem Unternehmen ihre Daten behalten und diese gezielt sowie häufig zweckgebunden nach dem Prinzip „need-to-know“ (nicht alle Daten sind für alle zugänglich) mit ihren Partner*innen teilen. Dazu gehörten auch Regelungen für ein Trustverfahren, das gewährleistet, dass die Datenräume nicht manipuliert werden können – inklusive Authentifizierung und Protokollierung, um sicherzustellen, dass die Sicherheit in jedem Schritt gewahrt bleibt. Denn nur über einen offenen, regelbasierten und „vertrauenswürdigen“ Austausch im Datenökosystem können gemeinsam Standards entwickelt werden, die es ermöglichen, Produkte am Lebensende für die Kreislaufwirtschaft wertschöpfungskettenübergreifend aufzubereiten und zu recyceln.
Weiterhin sei Kohärenz entscheidend, da Interoperabilität nicht nur die gleiche Metrik, sondern auch identische Kalkulationsmethoden und eine einheitliche Semantik der Daten erfordere. Oft seien Begriffe ähnlich, aber nicht exakt gleich, was dazu führe, dass die Daten bei der Weitergabe nicht interoperabel sind. Eine solche kohärente Interoperabilität zu entwickeln, sei angesichts der Entwicklungen auf EU-Ebene zum digitalen Produktpass (DPP) von noch größerer Bedeutung. Zwar gebe es branchenspezifische Regelungen zum DPP, doch die Vielfalt an Optionen, die sich mit den noch kommenden delegierten Rechtsakten unter der EU-Ökodesign-Verordnung ergebe, stelle eine erhebliche Herausforderung dar. Daher müssten Datenräume nicht nur wertschöpfungskettenübergreifend, sondern auch international funktionsfähig sein und entsprechend in Kooperation mit anderen Ländern sowie über Branchengrenzen hinweg gedacht werden. Es bedürfe eines gemeinsamen, generischen Fundaments für den DPP und Datenräume, auf dem dann produktspezifische Anforderungen und Spezifizierungen aufbauen könnten.
Vor diesem Hintergrund stand das Plädoyer für die Nutzung von Open-Source-Lösungen, bei denen alle gemeinsam coden können und der DPP sowie die Datenräume von gemeinsamen Core Services (dem oben genannten Fundament) aus weiterentwickelt werden können. Open-Source-Lösungen seien auch entscheidend, um der Unsicherheit und Skepsis von Akteuren im globalen Süden zu begegnen, die aufgrund des Begriffs „Pass“ oder „Passport“ proprietäre Systeme mit Zugangsausschluss befürchten und daher Angst haben, abgehängt zu werden. Open Source biete hier eine transparente, inklusivere Lösung, die den globalen Austausch und die Zusammenarbeit fördere, ohne Barrieren aufzubauen.
Damit seien auch kulturelle Fragen für den Aufbau und das Gelingen von Datenökosystemen in der Kreislaufwirtschaft entlang der Wertschöpfungsketten von Bedeutung. Es müsse unter anderem geklärt werden, wer welche Verantwortung in diesen Datenökosystemen übernimmt – sowohl für die Entwicklung und Aktualisierung von Software als auch für die Produkte und Dienstleistungen, die auf Grundlage digitaler Lösungen entstehen. Gerade mit Blick auf die Sicherheit von Infrastruktur wie Stromnetzen oder Flugzeugen sei eine klare Ownership und Accountability erforderlich. Dies unterstreiche die Bedeutung von Interoperabilität und Vertrauen, denn für eine Nachvollziehbarkeit von Daten über Wertschöpfungsketten hinweg müssten unterschiedliche Akteure zusammenkommen und gemeinsam an Lösungen arbeiten. Ziel sei es, aus dem gemeinsamen Code heraus in proprietäre Lösungen und Applikationen zu gelangen, die dann wiederum durch verschiedene Wettbewerbsangebote ergänzt werden, aber auf denselben Standards basieren. Hier liege ein enormes Potenzial für neue, zirkuläre Geschäftsmodelle in der Digitalisierung und in Datenökosystemen. Unternehmen sollten sich daran beteiligen und kleine Use Cases erproben, um das volle Potenzial dieser Entwicklungen zu erfahren und zu nutzen. Das eigentliche Ziel sei jedoch nicht die Digitalisierung an sich, sondern die Kreislaufwirtschaft – und die Digitalisierung sowie der DPP seien Instrumente, die dieses Ziel unterstützen können.
Sustainable Finance – Kapital und Absicherung für Investitionen in die Kreislaufwirtschaft
Es sei wichtig, sich zu überlegen, wofür Geld ausgegeben werde und in welche Bereiche investiert werde. Dabei müssten nach wie vor treuhänderische Pflichten beachtet werden, weshalb alle Risiko- und Renditeaspekte berücksichtigt werden müssten. Ideal wäre es, wenn bei allen Investitionsentscheidungen auch Nachhaltigkeits- und Kreislaufwirtschaftsaspekte berücksichtigt würden – nicht nur im Rahmen von ESG-Prüfungen. Dafür sei Transparenz und Standardisierung erforderlich, am besten auf sektoraler Ebene, da eine Bank nicht in der Lage sei, dies alles einzeln zu prüfen. Die Digitalisierung könne hier ein Mittel zum Zweck sein und entsprechende Daten über eine geeignete Dateninfrastruktur bereitstellen.
Die Finanzierung der Transformation erfordere kein „entweder oder“, sondern ein „sowohl als auch“. Es bedürfe Investitionen sowohl heute als auch in der Zukunft, und diese müssten sowohl von privaten Akteuren als auch unterstützend vom Staat kommen. Es gehe also um das Zusammenspiel von Markt und Staat. Zwar solle es staatliche Impulse geben, wie etwa Bürgschaften, jedoch seien vor allem klare Regeln erforderlich, damit privates Kapital nach festgelegten Vorgaben wirken und investieren könne. Klare Regelungen seien zudem für internationales Kapital von großer Bedeutung, da Deutschland mit einem klaren, sicheren Bild eines dekarbonisierten, rechtssicheren und demokratischen Staates ein äußerst attraktiver Standort für ausländische Investitionen sei.
Das wissenschaftliche Team bei Planet A habe stets die Legitimation, eine Investitionsentscheidung abzubrechen, wenn diese nicht zu einer nachhaltigen Wirtschaft innerhalb der planetaren Grenzen beiträgt. Die Ergebnisse der LCA sowie die daraus resultierenden Investitionsentscheidungen würden öffentlich auf ihrer Website veröffentlicht. Diese Transparenz habe positive Auswirkungen auf die Unternehmen, in die Planet A investiert, da sie durch die Offenlegung oft bessere Mitarbeitende und auch Kunden gewinnen können.
Insgesamt werde in der Finanzbranche noch zu wenig über das Thema Kreislaufwirtschaft gesprochen, da es aus der Perspektive der Finanzmittelgebenden spezifische Herausforderungen mit sich bringe. Denn bei neuen Geschäftsmodellen, die zirkulär sind, hänge der Erfolg nicht nur von funktionierender Technologie ab, sondern auch vom Zustrom von Ressourcen in Menge und Qualität, vom Output sowie von den Marktakteuren, die in das Geschäftsmodell eingebunden sind. Für Banken stelle dies eine viel komplexere Risikosituation dar als bei Investitionen in die lineare Wirtschaft, zumal zusätzlich die ökonomischen Vorteile von Primärrohstoffen eine Rolle spielten. Daher sei es notwendig, an all diesen Stellen Standardisierungen, Normierungen und klare Definitionen zu entwickeln, damit diese Märkte für Banken besser bewertbar würden. Gleichzeitig müssten sich Banken mit den spezifischen Risiken der Kreislaufwirtschaft vertraut machen, um diese besser beurteilen und letztlich auch in diese investieren zu können. Ein weiteres Problem sei der Mangel an Daten für Frühphasen-Investitionen, da gerade Start-ups in der Regel nicht über eine ausreichende Datenbasis verfügen, um potenziellen Investor*innen alle Risiken klar offenzulegen und bewertbar zu machen.
Da die Risiken damit weniger gut bewertbar würden, spielten staatliche Anreize, wie z.B. Bürgschaften, eine wichtige Rolle dabei, Stabilität in Finanzierungsfragen zu geben, sodass private Geldgebende verstärkt zirkuläre Investitionsentscheidungen treffen können. Auch PPP – oder mit der aktuellen Zinslage z.B. Staatsanleihen – könnten relevante und niedrigschwellige politische Impulse („low hanging fruits“) sein, um das Interesse der Finanzinstitutionen an Kreislaufwirtschaft zu stärken. Denn wo sich staatliche Finanzierung die Risiken von zirkulären Investitionsentscheidungen mit privaten Investor*innen teile, könnten diese leichter getroffen werden. Bürgschaften als staatlicher Finanzierungsanreiz hätten im Vergleich zu PPP den Vorteil, dass sie eine Skalierung kapitaleffizient unterstützen könnten – denn öffentliches Kapitel würde ja nur im Fall eines Ausfalls benötigt.
Neben öffentlichen Anreizen komme es auch darauf an, dass private Investor*innen mehr mit anderen Unternehmen zusammenarbeiten, indem z.B. etablierte Unternehmen auch Aufträge an Start-Ups vergeben. Denn ein volles Auftragsbuch bei Start-Ups macht es Banken viel leichter, positive Investitionsentscheidungen zu treffen. In beiden Fällen – also bei Investitionsentscheidungen von Finanzinstitutionen und bei Auftragsentscheidungen von Unternehmen – würden Berichts- und Rechenschaftspflichten helfen, da sie für diese Entscheidungen benötigte Informationen und Daten bereitstellen.
Entrepreneurship – Potenzial und Skalierung innovativer Lösungsansätze
Wenngleich die Kreislaufwirtschaft einen wesentlichen Beitrag zum Klima- und Biodiversitätsschutz leiste, stießen diese Aspekte als Anreiz für mehr Kreislaufwirtschaft im unternehmerischen Kontext oft an ihre Grenzen. Daher greife Circular Republic eher auf das Narrativ der zunehmenden Lieferkettenkrisen zurück. Denn über diesen Blick auf kritischen Materialien und sogenannte total material risks ließen sich klare Business Cases bzw. Use Cases für Kreislaufwirtschaft formulieren. Und das sei die Sprache der Strateg*innen und Controller*innen für Circular Economy ohne Fokus auf Nachhaltigkeitsaspekte.
Circular Republic habe in seinen Analysen festgestellt, dass Funding für Risikokapital für Circular Economy Start-Ups schon längere Zeit jährlich um ca. 30% anwächst – während das gesamte in Deutschland im Jahre 2023 investierte Risikokapital nur noch 6 Mrd. EUR (und damit 6 Mrd. EUR weniger als in 2022) betragen würde, gingen die Risikokapital-Investitionen in Circular Economy-Tech weiterhin jährlich nach oben. Hier würde mit den geopolitischen Änderungen z.B. in den USA auch eine Chance für zirkuläre Unternehmen in Deutschland bestehen, weil in Deutschland und Europa künftig ein Epizentrum für Circular Economy-Tech liegen könnte.
Auf dem Weg zu mehr Circular Economy Tech sei eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen etablierten Unternehmen und Start-ups unerlässlich. Hierfür bedürfe es nicht nur eines experimentierfreudigen Ansatzes, sondern auch des Muts seitens der etablierten Unternehmen. Viele dieser Unternehmen benötigten beispielsweise große Mengen an zirkulären Materialien, während Start-ups als Lieferant*innen oft nur deutlich kleinere Mengen zur Verfügung stellen könnten. Dies führe dazu, dass Start-ups häufig nicht in die Lieferketten großer Unternehmen integriert würden. Ein möglicher gemeinsamer Ansatz könnten Pilotprojekte zwischen Start-ups und etablierten Unternehmen sein, um diese Lücke zu schließen und die Zusammenarbeit zu fördern.
Dr. Wendker ging weiter auf die Komplexität von R-Strategien ein, die insbesondere den Umgang mit Recycling- und Wiederverwendungsansätzen beträfen. Er betonte, dass der Einkauf von Rezyklaten nicht immer mit den strengen Vorgaben der REACH-Verordnung vereinbar sei. Zudem sei die Reparierbarkeit von Produkten in der Praxis häufig eingeschränkt, da sie mit hohen Kosten verbunden sei. Die Wiederaufbereitung von Komponenten stelle jedoch eine vielversprechende Option dar, müsse aber den regulatorischen Anforderungen entsprechen und im Markt akzeptiert werden. Besonders herausfordernd sei es, zirkuläre Strategien auf Produkte anzuwenden, die von Grund auf neu gedacht werden müssten. Dr. Wendker erklärte, dass dies eine hohe Komplexität in der Unternehmensstruktur mit sich bringe, da Produkte nach ihrer Rückführung ins Unternehmen weiter betreut werden müssten. Diese Fragen beträfen nicht nur die nächsten 3 bis 5 Jahre, sondern einen Zeitraum von 15 bis 20 Jahren, was für die Planung eine hohe Unsicherheit bedeute, insbesondere im Hinblick auf die sich weiterentwickelnde Regulatorik.
Ein weiteres Thema, das Dr. Wendker ansprach, sei der Umgang mit regulatorischer Unsicherheit. Er stellte fest, dass die Regulierung der Kreislaufwirtschaft sich weiterentwickle, insbesondere durch Initiativen der Europäischen Kommission wie die ESPR (European Strategy for Plastics Recycling). Diese Initiativen stellten neue Anforderungen an die Zirkularität von Produkten. Dr. Wendker wies darauf hin, dass Vorschriften im Bereich Ecodesign in Zukunft dazu führen könnten, dass bestehende Geräte aufgrund veränderter Zulassungsanforderungen nicht mehr aufbereitet werden könnten. Dies würde, so Dr. Wendker, eine Form der regulatorischen Obsoleszenz darstellen, die Unternehmen vor große Herausforderungen stelle. Unternehmen müssten sicherstellen, dass sie langfristig auf Investitionen in zirkuläre Produkte setzen könnten, ohne Gefahr zu laufen, dass diese durch künftige Vorschriften obsolet würden.
Abschließend betonte Dr. Wendker, dass es entscheidend sei, den regulatorischen Rahmen für die Kreislaufwirtschaft klar zu definieren. Nur so könnten Unternehmen die notwendige Sicherheit gewinnen, in zirkuläre Lösungen zu investieren und diese zu skalieren. Er erklärte, dass ein präzise definierter regulatorischer Rahmen es Unternehmen ermöglichen würde, in zirkuläre Produkte zu investieren. Aktuell bestünde jedoch eine gewisse Zurückhaltung, da Unternehmer aufgrund der rechtlichen Unsicherheiten zirkuläre Investitionen oft scheuten.
Besonders hervorzuheben sei der Kooperationsansatz innerhalb von Miele und mit externen Partner*innen. Miele arbeite eng mit Expert*innen wie Prof. Braungart von C2C (Cradle to Cradle) zusammen, um das Design von Produkten neu zu denken. Diese Zusammenarbeit habe zu Konzepten geführt, die wesentlich robuster und langlebiger seien als traditionelle lineare Modelle. In enger Zusammenarbeit mit Designer*innen und Wissenschaftler*innen seien neue Ansätze entwickelt worden, die weit über das hinausgegangen seien, was dem klassischen Vorgehen entsprochen habe.
Transformation der Industrie – Potenzial und Skalierung innovativer Lösungsansätze
Ein weiteres zentrales Thema waren Erfolgsmodelle aus der betrieblichen Praxis. Herr Körzell verwies auf Unternehmen wie Arubis in Hamburg, die Lösungen für das PV-Recycling entwickelten, sowie auf die Kooperation zwischen Georgsmarienhütte und VW, bei der alle anfallenden Stahlreste im Stahlwerk aufbereitet und für die Produktion bei VW verwendet würden. Solche Modelle seien beispielhaft, aber es brauche klare Rahmenbedingungen, um diese Ansätze in der breiten Industrie umzusetzen. Körzell betonte, dass es Investitionen in die Kreislaufwirtschaft erfordere. Produkte müssten so entworfen und genutzt werden, dass sie den Einsatz von Primärrohstoffen reduzierten und anschließend wieder recycelbar seien. Dies werde jedoch erhebliche Investitionen erfordern, etwa beim grünen Umbau der Stahlindustrie.
Er stellte auch heraus, dass eine Partnerschaft zwischen öffentlichen und privaten Investitionen notwendig sei. Der Staat müsse private Investitionen in die Kreislaufwirtschaft anstoßen und für entsprechende Sicherheiten sorgen, etwa durch Förderprogramme. Ohne diese Unterstützung werde eine erfolgreiche Transformation schwierig. Eine zukünftige Bundesregierung müsse deshalb Zukunftsfinanzierung mitdenken, was im Hinblick auf die derzeit geltende Schuldenbremse schwierig sein könnte. Herr Körzell forderte eine Investitionsoffensive für die sozial-ökologische Transformation der Volkswirtschaft, um die notwendigen finanziellen Mittel für die Kreislaufwirtschaft bereitzustellen.
Kreislaufwirtschaft biete zwar Chancen für Beschäftigung und Wertschöpfung, aber sie werde auch massive Veränderungen in den betroffenen Branchen mit sich bringen. Neue Qualifikationen seien notwendig, und es brauche sozial- und arbeitsmarktpolitische Flankierungen, um die notwendige gesellschaftliche Akzeptanz für diese Veränderungen zu schaffen. Herr Körzell betonte, dass betriebliche und überbetriebliche Weiterbildungsinstrumente hierbei eine zentrale Rolle spielten. Umweltschutz und Nachhaltigkeit müssten von Anfang an in alle Aus- und Weiterbildungskurse integriert werden, was derzeit gemeinsam mit den Arbeitgebenden in Deutschland angestrebt werde. Gut ausgebildete Fachkräfte seien ein entscheidender Faktor, um die Transformation voranzutreiben.
Er hob zudem hervor, dass Mitbestimmung ein entscheidender Motor in der Transformation sei, auch wenn diese in der politischen Debatte oft unterschätzt werde. Die Mitarbeitenden wüssten aus der Praxis, was funktioniere und was nicht. Sie seien daher ein Schlüssel für den Erfolg neuer Produkte und Produktionsweisen. Er unterstrich, dass tarifgebundene Unternehmen nachhaltiger wirtschafteten und schneller in der Transformation vorankämen. Eine starke Industrie sei seiner Meinung nach der Schlüssel für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft.
Abschließend forderte Herr Körzell, dass massiv in die Kreislaufwirtschaft investiert werden müsse. Dies sei nur möglich, wenn die Energiepreise gesenkt und die Schuldenbremse reformiert würden. Nur so könne der notwendige Rahmen für eine erfolgreiche Transformation der Industrie hin zu einer zukunftsfähigen Kreislaufwirtschaft geschafft werden.
Ein zirkuläres Unternehmen könne nicht nur durch das Design von Produkten, sondern auch durch nachhaltige Einkaufspraktiken und das Nutzungsversprechen entlang der Wertschöpfungskette entstehen. Zirkuläre Geschäftsmodelle seien Teil eines größeren Ökosystems, das von Infrastruktur und Finanzierung abhänge. Unternehmen könnten nur im Rahmen dieses Ökosystems zirkulär agieren, dabei aber auch innerhalb der planetaren Grenzen bleiben. Es sei notwendig, die Kreislaufwirtschaft auf allen Ebenen zu fördern. Einige Unternehmen streben nach „zero waste, zero pollution, zero emission“, doch es fehle oft an ausreichend verfügbaren Sekundärmaterialien. Es sei notwendig, Produkte zurückzunehmen und wiederzuverwenden. In der Automobilindustrie sei es entscheidend, Produkte modularer und besser recyclebar zu gestalten, da die aktuellen Regelungen die Kreislaufwirtschaft behinderten.
Anreize für zirkuläre Geschäftsmodelle seien dringend erforderlich, besonders angesichts geopolitischer Risiken und der Notwendigkeit, Rohstoffe aus bestehenden Produkten zurückzugewinnen. Die Stahlindustrie müsse beispielsweise den Anteil an Schrott in der Produktion steigern, was ökologisch und wirtschaftlich vorteilhaft wäre. Dabei gehe die Kreislaufwirtschaft aber über das Design von Geschäftsmodellen hinaus – es gehe auch um eine drastische Reduzierung des Ressourcenverbrauchs und eine Maximierung der Wiederverwendbarkeit. Ein grundlegender Wertewandel sei erforderlich, der von der Quantität hin zur Qualität führe. Dies betreffe nicht nur Unternehmen, sondern die gesamte Lieferkette, einschließlich der Datenerfassung und des Austauschs.
Es wurde betont, dass zirkuläre Lösungen von Kund*innen immer mehr nachgefragt werden, wenn ihre ökologischen Vorteile nachgewiesen werden. Kleine Schritte seien entscheidend, um größere Veränderungen zu bewirken. In der Automobilindustrie müsse eine enge Zusammenarbeit aller Akteure erfolgen, um Produkte modular und langlebig zu gestalten. Für den Erfolg der Kreislaufwirtschaft seien stabile, verlässliche regulatorische Rahmenbedingungen notwendig, die auch die effiziente Nutzung von Materialien wie Stahl und Kunststoff sicherstellen. Gleichzeitig müsse die Skalierung von zirkulären Produkten von Anfang an berücksichtigt werden, mit einem klaren Fokus auf langfristige, nachhaltige Lösungen.
Abschließend wurde betont, dass klare politische Rahmenbedingungen, die die Verfügbarkeit von Rohstoffen sichern, und der Mut, Veränderungen umzusetzen, für den Erfolg der Kreislaufwirtschaft entscheidend sind.
Förderprogramme – Vorstellung und Erfahrunsgbericht DigiRess
Ein wichtiger Bestandteil des Programms ist DigiRess II, das im Rheinischen Revier fortgeführt wird. Hier stehen Fördermöglichkeiten zur Verfügung, die Kooperationen zwischen Industrie und Forschung, mit Forschungsinstitutionen als Co-Antragstellenden, umfassen.
Frau Huck hob hervor, dass die Resonanz auf das Förderprogramm bisher sehr hoch war, was sich in der Vielzahl an geförderten Projekten widerspiegele. Bislang wurden 37 Einzelvorhaben erfolgreich unterstützt, die eine deutschlandweite Ausstrahlung haben. Dies unterstreiche den großen Bedarf an Unterstützung für die digitale Transformation in KMU, insbesondere im Hinblick auf die Steigerung der Ressourceneffizienz und die Implementierung von zirkulären Produktionsprozessen. Bisher seien bereits 16 Verbünde gefördert worden, und es wird erwartet, dass zum 1. April und 1. Juli des kommenden Jahres weitere Einreichungen erfolgen können.
Die Förderziele des Programms seien breit angelegt und umfassten digitale Innovationen und deren Rolle in der Ressourceneffizienz. Ein zentraler Aspekt des Programms sei die Förderung von zirkulären Produktionsprozessen, die auf eine effizientere Nutzung von Ressourcen abzielen. Diese Ziele berührten ebenfalls die Themen, die im vorliegenden Entwurf der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) adressiert werden, da sie die Schnittstelle zwischen ökologischer Nachhaltigkeit und digitaler Transformation ansprächen. Das DigiRess-Programm fördert daher nicht nur die Digitalisierung, sondern auch die Entwicklung innovativer Lösungen, die Unternehmen dabei helfen, ihren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren und gleichzeitig ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.
Frau Huck betonte abschließend, dass der Erfolg der bisherigen Projekte die Wichtigkeit einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Forschung zeigt, um digitale Lösungen für zirkuläre Produktionsprozesse zu entwickeln. Die geförderten Projekte haben bereits zahlreiche innovative Ansätze hervorgebracht. Weitere Informationen zu den Fördermöglichkeiten, den spezifischen Anforderungen und den Fristen für die Einreichung von Anträgen finden Interessierte auf der offiziellen Webseite des Programms: www.digiress.de.
Dr. Hensch erläuterte zunächst, dass jährlich rund 2.000 Korsettanpassungen durchgeführt werden, wobei die Herstellung der Skoliosekorsetts durch manuelles Thermoformen erfolgt. Dabei fällt ein erheblicher Teil des verwendeten Materials, hauptsächlich HDPE (hochdichtes Polyethylen), als Ausschuss an, was zu einer ineffizienten Ressourcennutzung führt. Darüber hinaus wird der verwendete PU-Schaum, der als Formkörper dient, nach etwa einem Jahr entsorgt. Aufgrund der Materialzusammensetzung sind die Korsetts nicht trennbar, was dazu führt, dass sie am Ende ihres Lebenszyklus in die Verbrennung gehen – ein Problem in Bezug auf Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung.
Das innovative Konzept des Projekts „Re-Brace“ zielt darauf ab, den Herstellungsprozess durch additive Fertigung (3D-Druck) zu optimieren. Hierbei soll eine lokal geschlossene Wertschöpfungskette entstehen, bei der die additive Fertigung im Sanitätshaus durchgeführt wird, anstatt die Korsetts extern zu produzieren. Ein weiterer entscheidender Vorteil des Verfahrens ist die Möglichkeit des In-House-Recyclings am Ende des Lebenszyklus der Produkte. Das recycelte Material wird dabei zur Filamentproduktion genutzt, was den Kreislauf schließt und somit die Nachhaltigkeit der Herstellung deutlich erhöht.
Dr. Hensch stellte auch die Designlösungen vor, die zur Verbesserung der Nachhaltigkeit beitragen. Besonders hervorzuheben ist die Monomaterialbauweise, die es ermöglicht, alle Bestandteile des Korsetts – einschließlich der Verschlüsse – aus dem gleichen Material zu fertigen. Diese können ebenfalls additiv hergestellt werden, was eine Vereinheitlichung der Materialstruktur ermöglicht und die Recyclingfähigkeit des Produkts verbessert. Zudem wird durch die Gitterstruktur des Korsetts auch der Tragekomfort für den Patienten erhöht. Das fused filament Verfahren, das hier verwendet wird, sorgt zudem für ein leistungsfähigeres und gleichzeitig ressourcenschonenderes Produkt.
Ein zentrales Ziel des Projekts war es, den Materialbedarf zu minimieren, während gleichzeitig die notwendigen Kräfte auf den Oberkörper des Patienten korrekt übertragen werden. Dies wurde durch ein neues, optimiertes Design der Kielbrustorthese erreicht, das mit wesentlich weniger Material auskommt. Die Herstellung dieses neuen Produkts erfolgt nun in einer vollständig automatisierten Fertigung, was eine höhere Effizienz in der Produktion und eine Reduzierung von Materialabfällen ermöglicht.
Die Herausforderungen des Projekts liegen insbesondere in der Skalierung des Recyclings: Um die Wirtschaftlichkeit des Prozesses sicherzustellen, musste eine passende Anlage gefunden werden, die in der Lage ist, das Material effizient zu recyceln und für den 3D-Druck wiederverwendbar zu machen. Dr. Hensch berichtete, dass das Unternehmen eine Lösung in Form eines Start-ups gefunden hat, das die notwendige Technologie bereitstellt.
Abschließend betonte Dr. Hensch, dass das Projekt Re-Brace ein Paradebeispiel für den erfolgreichen Einsatz von additiver Fertigung im Bereich der Medizinprodukte sei, das nicht nur die Wirtschaftlichkeit steigert, sondern gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zu Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit leistet. Das Projekt zeige, wie innovative Fertigungstechniken genutzt werden können, um zirkuläre Produktionsprozesse zu schaffen und damit den ökologischen Fußabdruck der Industrie zu reduzieren.
Steiner und Staufenbiel erläuterten, dass Demontagebetriebe eine zentrale Rolle in der Kreislaufwirtschaft spielen, jedoch nur etwa 10% der stillgelegten Altfahrzeuge bei zertifizierten Altfahrzeugverwertern landen. Diese Verwerter, überwiegend kleine und mittlere Unternehmen (KMU), haben jedoch mit verschiedenen Herausforderungen zu kämpfen, darunter eine mangelhafte Datenlage bezüglich der Fahrzeuge und ihrer verbauten Materialien sowie ein niedriger Digitalisierungsgrad in der Branche. Vor diesem Hintergrund betonten die Referenten, wie wichtig es sei, die Demontagebetriebe aktiv in den Transformationsprozess zu integrieren und diesen mit digitalen Lösungen zu unterstützen.
Im Rahmen des Projekts Digma-DT wurde eine umfassende Status-Quo-Analyse durchgeführt, bei der alle relevanten Prozesse in der Fahrzeugverwertung untersucht wurden. Im Rahmen dieser Analyse wurden die Material-, Energie- und Datenflüsse entlang der gesamten Wertschöpfungskette nach den Leitlinien des Catena-X-Rulebooks überprüft. Ein besonderes Augenmerk wurde dabei auf die End-of-Life-Prozesse gelegt, wobei eine LCA durchgeführt wurde, um die CO2-Emissionen zu überwachen und potenzielle Einsparungen durch nachhaltigere Verwertungsprozesse zu identifizieren. Die LCA-Analyse zeigte, dass insbesondere Reuse-Strategien, also die Wiederverwendung von Fahrzeugteilen, signifikante CO2-Einsparungen gegenüber der Nutzung von Primärmaterialien ermöglichen. So konnte ein Einsparpotenzial von etwa einer Tonne CO2 pro Fahrzeug ermittelt werden, was der Strecke von Berlin bis Lissabon entspricht.
Eine Zukunftsanalyse im Rahmen des Projekts beschäftigte sich mit verschiedenen Szenarien für die Fahrzeugdemontage. Das wahrscheinlichste Szenario für die Zukunft sieht eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Unternehmen vor, bei der der Austausch von Daten und die Nutzung digitaler Zwillinge eine zentrale Rolle spielen. Dies erfordert eine höhere Automatisierung in den Demontageprozessen sowie einen intensiveren Einsatz von Sekundärrohstoffen. Zwar wird auch eine zunehmende Konzentration auf größere Unternehmen erwartet, jedoch bleiben KMU aufgrund ihrer Flexibilität und ihrer Schlüsselrolle in der Kreislaufwirtschaft relevant. Zudem wird die Nachfrage nach Remanufacturing, also der Aufbereitung und Wiederverwendung von Komponenten, steigen, was eine weitere Chance für die lokale Kreislaufwirtschaft darstellt.
Die Vortragenden betonten abschließend, dass die Umsetzung von Reuse- und Remanufacturing-Strategien in der Fahrzeugverwertung nicht nur ein großes CO2-Einsparpotenzial biete, sondern auch die Grundlage für eine zukunftsfähige, nachhaltige Kreislaufwirtschaft bilde. Der verstärkte Einsatz digitaler Technologien und der Austausch von Daten über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg, auch in Bezug auf den CO2-Fußabdruck, werden dabei entscheidend sein.
Wir brauchen Sie alle!
Sie hob hervor, dass im Verlauf der Veranstaltung ein großer Bogen geschlagen wurde – von der Meta-Ebene hin zu konkreten Praxisbeispielen. Wobei sowohl die Perspektiven der Industrie als auch die Sichtweisen von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite beleuchtet wurden. Auch das Thema Finanzierung, das bereits in der vergangenen Woche bei der Verleihung des Umweltpreises in Mainz von zentraler Bedeutung war, wurde aufschlussreich diskutiert. Sie betonte, dass der Erfolg der Transformation hin zu einer wettbewerbsfähigen Kreislaufwirtschaft nur gemeinsam mit allen Akteuren erzielt werden könne: „Wir brauchen Sie alle!“, so die abschließende Botschaft.