Nachbericht: RE vor Ort | Online am 02.07.2020

Thema: Industrielle Ressourcenstrategien – ein Beitrag zur Überwindung der Krise

Am 02. Juli 2020 fand die erste virtuelle Veranstaltung der Reihe „Ressourceneffizienz vor Ort zum Thema „Industrielle Ressourcenstrategien – ein Beitrag zur Überwindung der Krise“ statt. 39 Personen waren live aus verschiedenen Regionen Deutschlands zugeschaltet.

Als Reaktion auf die grassierende COVID19-Pandemie wurde die Veranstaltung in einem Online-Format konzipiert und in Kooperation mit dem Think Tank Industrielle Ressourcenstrategien Baden-Württemberg, der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) in der Bundesanstalt für Geowissenschaften (BGR) und der Umwelttechnik BW umgesetzt.

Die Veranstaltung zeigte anhand konkreter Beispiele Perspektiven auf, wie Unternehmen in ihrem ökonomischen Kontext aktuelle und künftige multiple Krisen robuster und resilienter bewältigen können. Die Fähigkeit von Volkswirtschaften und Unternehmen, resilient auf externe Störungen zu reagieren, steht auch im Zusammenhang mit den Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Diese erfordern ein proaktives Verhalten, z. B. über eine erfolgreiche betriebliche Ressourceneffizienz und die Sicherstellung einer nachhaltigen Rohstoffversorgung. Betriebliche Ressourceneffizienz, eine nachhaltige industrielle Ressourcenstrategie, das Risikomanagement von Lieferketten und eine Rohstoffversorgung mittels der Circular Economy waren dabei thematische Schwerpunkte der Veranstaltung.

Dr. Christian Kühne führte in die Aufgaben und Aktivitäten des Think Tanks Industrielle Ressourcenstrategien ein. Für Baden-Württemberg als rohstoffarmes Land ist der sparsame und effiziente Umgang mit Rohstoffen aber auch die Rückgewinnung von Ressourcen aus Abfällen ein wichtiges Thema. Der Think Tank soll zum Beispiel Konzepte entwickeln, welcher Strukturwandel und welche neuen Geschäftsmodelle mit dem zunehmenden Einsatz ressourceneffizienter Technologien und mit einer konsequenten Kreislaufwirtschaft verbunden sind. Auch die Rohstofftransparenz in der Wertschöpfungskette und die Chancen der Digitalisierung für effizientere Produktionsverfahren werden Arbeitsgebiete des neu gegründeten Think Tanks sein.

Prof. Dr. Christoph Hilgers vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) gab einen Überblick über industrielle Ressourcenstrategien vor dem Hintergrund der aktuellen Krise. Bevölkerungszunahme, neue technologische Entwicklungen sowie die Energie- und Verkehrswende, um nur einige wenige Faktoren zu nennen, wirkten sich auch auf den Rohstoffbedarf Deutschlands und Europas aus, so Hilgers. Deutsche Bergbauunternehmen stünden im starken Wettbewerb und Recyclinganstrengungen könnten in einigen Segmenten noch nicht mit den geforderten Volumina und Qualitäten mithalten. Zugleich beschrieb Hilgers die intensiven chinesischen Aktivitäten in den Bereichen Exploration, Bergbau und Verhüttung sowie geopolitische Strategien Chinas am Beispiel der neuen Seidenstraße. Es sei wichtig, die industriellen Kompetenzen Deutschlands zu bewahren, um auch in Zukunft innovationsfähig zu bleiben.

Britta Bookhagen von der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) betonte ebenfalls, dass für Schlüssel- und Zukunftstechnologien, die von speziellen Metallen mit kleinen Märkten abhängig sind, ein verlässlicher Rohstoffbezug entscheidend ist. Aber auch die heimischen Rohstoffe gelte es nicht zu vergessen, denn Deutschland sei kein rohstoffarmes Land. Die BGR fungiert als nationales geowissenschaftliches Daten- und Informationszentrum und berät die Bundesregierung und die deutsche Wirtschaft in allen rohstoffwirtschaftlichen und geowissenschaftlichen Fragen. Zur Bedeutung Chinas auf dem globalen Rohstoffmarkt verweist Bookhagen auch auf die kürzlich veröffentlichen Studie „China, Einblicke in die chinesische Rohstoffwirtschaft“. Darüber hinaus bietet die DERA u.a. „Supply Riskmanagement-Tools“ und weitere Instrumente zum Rohstoffmonitoring als Teil ihrer Beratungsleistungen zur nachhaltigen und sicheren Rohstoffversorgung.

Prof. Dr. Mario Schmidt, vom Institute for Industrial Ecology der Hochschule Pforzheim gab einen Überblick über den Beitrag der Circular Economy für eine resiliente Rohstoffversorgung. Auch unter Gesichtspunkten der Resilienz bliebe Ressourceneffizienz ein wichtiges Ziel: Effizienz sei kein Gegenspieler zur Resilienz. Circular Economy fördere die Versorgungssicherheit dann, wenn auch eine metallurgische Infrastruktur in Deutschland oder Europa verfügbar sei. Die Auswirkungen von Recycling auf das Klima müssten differenziert betrachtet werden, so u.a. wo die größten Stellschrauben und Effekte erwartbar sind. Der Einfluss der Circular Economy auf die Rohstoffpreise und Volatilität sei jedoch nur schwer abschätzbar, besonders vor dem Hintergrund der aktuellen Pandemie. Mit Sicherheit ließen sich u.a. nur eine strategische Bevorratung und gezielte Markteingriffe durch An- und Verkauf von Rohstoffen als Instrumente für eine Stärkung der Resilienz der deutschen Wirtschaft nennen.

Abschließend gab Johannes Danz von der Daimler AG einen Einblick in die Situation in den Betrieben vor dem Hintergrund der aktuellen Pandemie. Unter dem Titel „Daimler Human Rights Respect System“ folge das Unternehmen einem regelmäßigen internen Zyklus aus Risikobeurteilung, Programmimplementierung, Kontrolle und Berichterstattung, um besonders auf menschenrechtliche Risiken in der Lieferkette effektiv reagieren zu können. Zugleich habe sich das Unternehmen zum Ziel gesetzt, verstärkt Rohstoffwissen aufzubauen, Transparenz zu schaffen, zentrale Risiken in der Kette zu identifizieren und bei Bedarf entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten. Aktuell beschäftige sich Daimler in diesem Kontext beispielsweise mit der Auditierung seiner Kobalt-Lieferkette.

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