Nachbericht: RE vor Ort | Online am 05.05.2021

Thema: Ressourceneffizienz durch Kunststoff-Recycling

Am 05. Mai 2021 führte das Netzwerk Ressourceneffizienz in Kooperation mit der IHK Würzburg-Schweinfurt online eine Ressourceneffizienz vor Ort-Veranstaltung unter dem Titel „Ressourceneffizienz durch Kunststoff-Recycling“ durch. Rund 50 Personen nahmen an der Veranstaltung teil. Die Veranstaltung wurde vom VDI Zentrum Ressourceneffizienz und von der IHK Würzburg-Schweinfurt moderiert.

Ziel der Veranstaltung war es, den effizienten Umgang mit Ressourcen im Bereich Kunststoff als einen wichtigen Schlüssel zu mehr Klimaschutz aufzuzeigen und zu diskutieren. Politisch mit der „Europäischen Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft“ und dem Green Deal im Fokus, gewinnt das Thema „Ressourceneffizienz durch Kunststoff-Recycling“ zwar auch bei Unternehmen zunehmend an Relevanz. Doch es gibt noch viele Herausforderungen, die für den Einsatz von Rezyklaten gemeistert werden müssen, damit weitere Anwendungsmöglichkeiten flächendeckend möglich werden.

Die Veranstaltung bot dafür Einblicke und Anreize: Welche Kreisläufe funktionieren heute schon? Welche Herausforderungen gibt es für die Kreislaufschließung? Welche Lösungen wendet ein Unternehmen beim Einsatz von Rezyklaten schon an? Der Fokus lag dabei nicht nur auf bekannten Konsumerprodukten, sondern auch auf Möglichkeiten z. B. in der Automobilbranche.

Hier finden Sie noch einmal die Vorträge im Überblick:

  • Ressourceneffizienz im produzierenden Gewerbe und speziell in der Kunststoffverarbeitung
    Jakob Rothmeier, VDI Zentrum Ressourceneffizienz GmbH, Berlin
  • Kunststoffe und Kreislaufwirtschaft - Wo geht die Reise hin?
    Dr. Hermann Achenbach, SKZ – Das Kunststoff-Zentrum, Würzburg
  • Best-Practice: Kunststoff-Recycling – Wie ein Unternehmen Rezyklate effizient einsetzt
    Frank Schockemöhle, Pöppelmann GmbH und Co. KG, Lohne

Moderation:
Jacqueline Escher, IHK Würzburg-Schweinfurt
Lising Kessler, VDI Zentrum Ressourceneffizienz GmbH, Berlin

Jakob Rothmeier von der VDI Zentrum Ressourceneffizienz GmbH führte in seinem Vortrag „Ressourceneffizienz im produzierenden Gewerbe und speziell in der Kunststoffverarbeitung“ in das Thema Ressourceneffizienz im produzierenden Gewerbe ein und erläuterte deren Bedeutung für den Klimaschutz, die Wirtschaftsstruktur und die Vorteile für Unternehmen. Anschließend stellte Jakob Rothmeier die für Unternehmen kostenlos auf der Website des VDI Zentrums Ressourceneffizienz zur Verfügung stehenden Ressourcenchecks und Prozessketten zum Thema Kunststoffverarbeitung vor:

  • Ressourceneffizientes Spritzgießen
  • Produktionsinfrastruktur
  • Ressourcenschonendes Extrudieren

Der Vortrag schloss mit Best-Practice-Beispielen zu „Störungsfreier Schmelzefiltration“ und zu „Tracer Based Sourcing“ ab, die wichtig für die Gewinnung und den Einsatz von Rezyklaten sind und somit zu mehr Ressourceneffizienz in der Kunststoffverarbeitung beitragen können.

Weitere Informationen zu den Instrumenten des VDI Zentrums Ressourceneffizienz finden Sie hier: https://www.ressource-deutschland.de/instrumente/

Mit dem Titel „Kunststoffe und Kreislaufwirtschaft - Wo geht die Reise hin?“ nahm Dr. Hermann Achenbach vom SKZ – Das Kunststoff-Zentrum in Würzburg die Teilnehmenden in seinem Vortrag mit auf den Weg in die Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe und zeigte auf, „wo wir hin wollen“ (möglichst zur kompletten, „echten“ Kreislaufschließung) und „wo wir stehen“ (2018 wurden laut einer Studie des Fraunhofer UMSICHT erst 7,6 % der Kunststoffe im Kreislauf stofflich verwertet). Der Einsatz von Rezyklaten ist von Branche zu Branche sehr unterschiedlich – z. B. sehr niedrig in der Medizin und vergleichsweise hoch im Bausektor.

Als Hemmnisse für den Einsatz von Rezyklaten in der Kunststoffwirtschaft führte Dr. Achenbach informatorische, technische, ökonomische und regulatorische Barrieren an.

Damit der Einsatz von Rezyklaten in der Kunststoffwirtschaft zukünftig erleichtert wird und Unternehmen schneller die für sie passenden Rezyklate finden, entwickeln sich seit einiger Zeit Digitale Markplätze für Sekundärrohstoffe wie z. B. plastship, cirplus und polymore. Außerdem startet im Sommer 2021 das Projekt „cyclops“, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird und an dem u. a. das SKZ beteiligt ist. Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines Digitalen Unterstützungssystems zur passgenauen Aufbereitung und zielgerichteten Rückführung von Sekundärkunststoffen in hochwertige Anwendungen.

Des Weiteren stellte Dr. Achenbach die Wertschöpfungskettenplattform RecyClass vor. Diese Initiative kümmert sich darum, die Recyclingfähigkeit von Kunststoffverpackungen zu verbessern und einen harmonisierten Ansatz für die Verwendung von recyceltem Material zu etablieren („Zertifizierte Recyclingfähigkeit“).

Dr. Achenbach präsentierte außerdem die R-Cycle Initiative, die als branchenübergreifendes Konsortium an einem offenen und weltweit anwendbaren Rückverfolgungsstandard arbeitet, der die lückenlose Dokumentation von recyclebaren Verpackungen entlang der Wertschöpfungskette sicherstellen soll. Gespeichert auf einer gemeinsamen Datenplattform können die digitalen Produktpässe dann ein wichtiger Schritt hin zu einer echten Kreislaufwirtschaft bei Kunststoffverpackungen sein.

60 bis 95 % der Emissionen in der Produktion eines Kunststoffbauteils stammen heute aus der Kunststoffherstellung. Hier liegt das größte Treibhausgas-Minderungspotenzial in der Kreislaufwirtschaft. Wichtige Anreize für Fortschritte beim Kunststoff-Recycling werden durch folgende Punkte politisch und gesellschaftlich gesetzt:

  • Reduktion der Treibhausgas-Emissionen um 55 % bis 2030
  • Klimaneutralität bis 2050
  • Ausweitung des Emissionshandels
  • Aktionsplan Kreislaufwirtschaft
  • Taxonomieverordnung

Dr. Achenbach führte einige Beispiele von großen Unternehmen an, die auf diese Herausforderungen mit Zielsetzungen wie „klimaneutral bis 2050“ oder „Lieferkette wird CO2-neutral“ bereits reagieren.

Das Fazit von Dr. Achenbach lautete insgesamt:

  • Die Notwendigkeit, Rezyklate einzusetzen und recyclingfähige Produkte herzustellen, wird immer größer
  • Neue digitale Technologien stehen als Enabler zur Verfügung
  • Kreislaufwirtschaft ist in Kunststoffwertschöpfungsketten der entscheidende Stellhebel zur Erreichung der Klimaziele

Weitere Informationen zum SKZ – Das Kunststoffzentrum in Würzburg sowie zum SKZ-Netzwerk finden Sie hier: www.skz.de; www.skz.de/netzwerk

Anschließend gab Frank Schockemöhle von der Pöppelmann GmbH und Co. KG in Lohne mit seinem Vortrag „Best-Practice: Kunststoff-Recycling – Wie ein Unternehmen Rezyklate effizient einsetzt“ einen direkten Einblick in die betriebliche Praxis. Als 1949 gegründetes Familienunternehmen hat sich Pöppelmann zu einem der führenden Hersteller in der kunststoffverarbeitenden Industrie entwickelt – mit derzeit 2.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weltweit, fünf Produktionsstandorten, 700 Spritzgussmaschinen, Tiefziehanlagen und Extrudern sowie den vier Divisionen: KAPSTO®, K-TECH®, FAMAC® und TEKU®.

Pöppelmann ist in unterschiedlichen Branchen aktiv, so zum Beispiel im kommerziellen Gartenbau mit Pflanztöpfen und Anzuchtsystemen. Außerdem ist Pöppelmann Partner vieler Unternehmen aus dem Maschinen- und Apparatebau, der Fahrzeug-, Elektro-, Solar-, Lebensmittel-, Chemie-, Pharma-, Kosmetik- und Medizinindustrie, sowie der Oberflächentechnik und der Armaturenindustrie.

Am Beispiel der Automobilindustrie verdeutlichte Frank Schockemöhle wie Pöppelmann vorgeht, um echte Kreislauf-Konzepte in der Kunststoffverarbeitung aufzubauen und umzusetzen. Ausgehend von den globalen Herausforderungen des Klimawandels und der hohen CO2-Emissionen sollen durch Eco-Design auf den Ebenen Konstruktion, Material und Verfahren durch Reduzierung, Recycling und Materialkompetenz die CO2-Emissionen in der Produktion gesenkt werden. Für Pöppelmann steht dabei im Fokus, zusammen mit Kunden und Mitarbeitenden Lösungen zu finden, um gemeinsam Verantwortung für morgen zu übernehmen – für die natürlichen Ressourcen der Erde und für die Region, aus der das Unternehmen stammt.

Als ressourcenschonendes Produktionsverfahren nutzt Pöppelmann unter anderem Thermoplastischen Schaumspritzguss. Für das Thema Recycling betonte Frank Schockemöhle, dass „Rezyklat nicht gleich Rezyklat ist“. Es sei zwar wirtschaftlich und Ressourcen schonend, in der Produktion sogenannte Post-Industrial-Rezyklate (PIR) anstatt Neuware einzusetzen, sagte er. Der technische Materialkreislauf lasse sich aber nur durch die Wiederverwertung eines (Serien-)Produkts schließen, also durch den Einsatz von Post-Consumer-Rezyklaten (PCR). Pöppelmann setzt allein im Bereich K-TECH®, zu dem auch die Zulieferung für die Automobilindustrie zählt, bereits 20 % Rezyklate ein. Bis 2025 soll die Rezyklat-Quote zur Materialeinsatzmenge auf 35 % gesteigert werden. Der Anteil an Post-Consumer-Rezyklaten soll dabei stetig wachsen. Erste Bauteile aus PCR von Pöppelmann für die Automobilindustrie sind bereits in der Serienfertigung.

Auch in den anderen Unternehmensbereichen wird bereits PCR eingesetzt, so zum Beispiel für die Produktion 100 % recyclingfähiger Pflanztöpfe aus 100 % Recyclingkunststoff. Unter PÖPPELMANN blue® bündelt das Unternehmen alle Aktivitäten, die einen geschlossenen Materialkreislauf forcieren.

Weitere Informationen zur Pöppelmann GmbH und Co. KG sowie den Nachhaltigkeitsbericht des Unternehmens finden sie hier: www.poeppelmann.com; www.poeppelmann.com/nachhaltigkeitsbericht

Im Anschluss an die Vorträge und die Diskussionsrunde hatten die Teilnehmenden im virtuellen Raum wonder.me die Möglichkeit direkt mit den Vortragenden ins Gespräch zu kommen. Während der Online-Diskussionsrunde in der Hauptveranstaltung und auch bei den Gesprächen an den virtuellen Stehtischen wurde deutlich, dass das Thema „Ressourceneffizienz durch Kunststoff-Recycling“ in den nächsten Jahren unter anderem durch den Aktionsplan Kreislaufwirtschaft stark an Aufmerksamkeit und an Dynamik gewinnen wird. Damit sich der Einsatz von Rezyklaten lohnt und vor allem im Bereich Post-Consumer-Rezyklate weitere Fortschritte gemacht werden, braucht es jedoch auch eine gewisse Menge an Akteuren aus Unternehmen, Politik, Forschung etc., die die Herstellung und die Nutzbarkeit von PCR-Rezyklaten vorantreiben und im Verhältnis zu Neuware wirtschaftlich machen. Das Beispiel der Pöppelmann GmbH & Co. KG in Lohne zeigte eindrücklich, dass es möglich ist, auf dem Weg hin zu einer echten Kreislaufwirtschaft in der Kunststoffindustrie Meilensteine zu setzen und mit einer nachhaltigen Unternehmensstrategie u. a. den Einsatz von PCR-Rezyklaten Stück für Stück zu steigern.

Zum Seitenanfang