Nachbericht: RE vor Ort | Online am 11.11.2020

Thema: Ressourceneffizienz durch Digitalisierung

Am 11. November 2020 führte das Netzwerk Ressourceneffizienz in Kooperation mit der IHK Südlicher Oberrhein online eine Ressourceneffizienz vor Ort-Veranstaltung unter dem Titel „Ressourceneffizienz durch Digitalisierung“ durch. 47 Personen nahmen an der Veranstaltung teil. Die Veranstaltung wurde vom VDI Zentrum Ressourceneffizienz und von der IHK Südlicher Oberrhein moderiert.

Ziel der Veranstaltung war es, in das Thema Ressourceneffizienz mit Schwerpunkt auf Digitalisierung einzuführen. Es wurde aufgezeigt, welche Beiträge die Digitalisierung über technische Lösungen hinaus zur Steigerung der Ressourceneffizienz leisten kann und wie Unternehmen am besten vorgehen können, um mit Hilfe der Digitalisierung Material und Energie einzusparen. Des Weiteren erhielten die Teilnehmenden durch die IHK Südlicher Oberrhein praktische Hinweise zu Beratungs- und Fördermöglichkeiten für Unternehmen im Bereich Digitalisierung.

Hier finden Sie noch einmal die Vorträge im Überblick:

Ressourceneffizienz durch Digitalisierung
Dr. Jan Philipp Menn, VDI Zentrum Ressourceneffizienz GmbH

Impuls: Beratungs- und Fördermöglichkeiten für Unternehmen im Bereich Digitalisierung
Nico Faller, IHK Südlicher Oberrhein

Ausgangspunkt der ursprünglich in Freiburg und Lahr geplanten Veranstaltung war, dass die Digitalisierung in Unternehmen zunehmend wichtiger wird. Im Rahmen der COVID-19-Pandemie hat die Digitalisierung vielerorts eine hohe Beschleunigung erfahren und das Stichwort „Industrie 4.0“ ist seit längerer Zeit in aller Munde. Die Verknüpfung von Digitalisierung und Ressourceneffizienz steht dabei jedoch häufig (noch) nicht im Blickfeld. Dabei kann gerade die derzeitige Krisensituation ein guter Zeitpunkt sein, um die Möglichkeiten der Digitalisierung zu erkunden, zu nutzen und durch Einsparungen im Bereich Material und Energie Kosten im Unternehmen zu senken.

Dr.-Ing. Jan Philipp Menn, Experte für Digitalisierung in der Industrie 4.0 bei der VDI Zentrum Ressourceneffizienz GmbH, erläuterte in seinem Vortrag „Ressourceneffizienz durch Digitalisierung“ die Zusammenhänge zwischen Strategien der Ressourceneffizienz und Maßnahmen zur Digitalisierung sowie die Vorgehensweise bei der Implementierung betrieblicher Ressourceneffizienz durch Digitalisierungslösungen.

Zunächst verdeutlichte Dr. Menn, welchen Herausforderungen Unternehmen oftmals bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Ressourceneffizienzsteigerung gegenüberstehen und wie Digitalisierung helfen kann diese zu meistern: Sie schafft Transparenz, ermöglicht die Prozessüberwachung und bietet neue Methoden. Für die Steigerung der Materialeffizienz können zum Beispiel Herstellprozesse durch kontextsensitive Assistenzsysteme begleitet werden. Die interne Kreislaufführung kann durch die prozessgesteuerte Beimischung von Reststoffen in den Produktionsprozess gefördert werden. Und durch neue Geschäftsmodelle ist eine kundenindividuelle Fertigung trotz Massenproduktion durch Digitalisierungslösungen möglich.

Für die Implementierung von Digitalisierungslösungen ist es wichtig, den Digitalisierungsgrad des Unternehmens zu bestimmen (vom I4.0-Erkunder bis zum I4.0-Vorreiter). Darauf aufbauend können dann die Ziele der Digitalisierung und die nächsten Schritte festgelegt werden.

Dr. Menn berichtete, dass zur Umsetzung von Digitalisierungsstrategien verschiedene, erprobte Modelle zur Verfügung stehen, bspw. Knowledge Discovery in Databasis (KDD) und Cross Industry Standard Process for Data Mining (CRISP-DM). Diese unterstützen dabei, Daten zielorientiert zu erfassen, zu analysieren und zu nutzen.

Als Praxisbeispiele präsentierte Dr. Menn die Blechwarenfabrik Limburg und die MAN Energy Solutions SE in Berlin:
Die Blechwarenfabrik Limburg hat als KMU den Neubau ihrer Betriebsstätte außerhalb des Stadtzentrums von Limburg ganzheitlich unter Aspekten der ressourcenschonenden Digitalisierung gestaltet. Durch ein Manufacturing Execution System (MES) und ein Business Intelligence (BI) System können nun alle Informationen im Intranet gebündelt werden. Dies führt zu umfassender Transparenz und Effizienz. Auch alte Maschinen mit neuer Sensorik und Einbindung in das MES und BI wurden in die neue Betriebsstätte übernommen. Die vielfältigen umweltschonenden technologischen Innovationen am neuen Standort wurden am 25. Oktober 2020 durch die Verleihung des Deutschen Umweltpreises gewürdigt. Weitere Informationen zur ressourceneffizienten Digitalisierung in der Blechwarenfabrik Limburg finden Sie im vom VDI Zentrum Ressourceneffizienz produzierten Film auf YouTube: https://www.youtube.com/watch?v=CYZxqBGss80

Mit Beispielen aus der MAN Energy Solutions SE in Berlin verdeutlichte Dr. Menn, wie Augmented Reality speziell in der Instandhaltung eingesetzt werden kann, um Fehler zu vermeiden und somit Material und Ressourcen einzusparen. Mit Hilfe einer AR-App können beispielsweise additiv gefertigte und vereinfachte Kompressorenmodelle virtuell in ihre Einzelteile zerlegt werden, um den Aufbau besser zu verstehen. Mit einer AR-HoloLens können Mitarbeitende per virtueller Anleitung originale Bauteile einfacher und schneller reparieren. Durch die Digitalisierung ganzer Prozessketten von der Konstruktion bis zur Montage können ebenfalls Ressourcen eingespart und Fehler vermieden werden.

Außerdem gab Dr. Menn erste Einblicke in eine laufende Studie, die sich mit dem Einfluss von Künstlicher Intelligenz (KI) im Hinblick auf die betriebliche Ressourceneffizienz im verarbeitenden Gewerbe beschäftigt. Die Studie wird im Auftrag der VDI Zentrum Ressourceneffizienz GmbH derzeit von Deloitte und Fraunhofer IPA erstellt. 80 % der für die Studie befragten Unternehmen stimmen voll oder teilweise zu, dass der Einsatz von KI zur Verbesserung im Rahmen der betrieblichen Ressourceneffizienz beitragen kann. Ziel der Studie ist es, unter anderem Praxisbeispiele für die Anwendung schwacher KI in Unternehmen publik zu machen sowie Handlungsfelder für Industrie, Politik und Wissenschaft aufzuzeigen.

Dr. Menn wies des Weiteren darauf hin, dass das VDI Zentrum Ressourceneffizienz eine spezielle Weiterbildung „Spezialisierung Ressourceneffizienz durch Digitalisierung“ anbietet, in der u. a. am Beispiel des CRISP-DM-Modells verdeutlicht wird, wie die Digitalisierung im Unternehmen implementiert und zur Hebung von Ressourceneffizienzpotenzialen genutzt werden kann.

Weitere Informationen zur VDI Zentrum Ressourceneffizienz GmbH und zu den Weiterbildungen finden Sie unter: www.ressource-deutschland.de; www.qualifizierung-re.de

Nico Faller, Referent für Digitale Transformation in der IHK Südlicher Oberrhein, informierte in seinem Impuls über „Beratungs- und Fördermöglichkeiten für Unternehmen im Bereich Digitalisierung“. Er beantwortete zunächst folgende wichtige Fragestellungen:

Wofür können Fördermittel eingesetzt werden?
Digitalisierungsprojekte, digitalisierte Geschäftsprozesse, IT-Sicherheit, Innovationsprojekte, digitale Markterschließung, Anschaffung von Hard- und Software

Wann sollte man sich über mögliche Förderprogramme informieren?
Vor dem eigentlichen Start des Projekts bzw. Entwicklung

Welche Förderarten gibt es?
Zuschüsse/Zinsverbilligte Darlehen mit Tilgungszuschuss, Bundesprogramme/Landesprogramme (Baden-Württemberg)

Im Einzelnen stellte Nico Faller drei Förderprogramme vor:

go-digital:
go-digital ist ein Zuschussprogramm des Bundes bei dem KMU und das Handwerk (< 100 Beschäftigte) gefördert werden können. Dabei sind Beratung und Leistungen in folgenden Modulen kombinierbar: Digitalisierte Geschäftsprozesse (z. B. e-Business-Software-Lösungen), Digitale Markterschließung (z. B. Aufbau Webshop), IT-Sicherheit (z. B. Optimierung IT-Sicherheitsmanagementsystem).

Digital Jetzt:
Digital Jetzt ist ein Zuschussprogramm des Bundes bei dem KMU, das Handwerk und Angehörige der freien Berufe (3 – 499 Beschäftigte) gefördert werden können. Die Förderung erfolgt wahlweise in folgenden Modulen (auch kumulativ): Digitale Technologien für Investitionen in Hard- und Software (z.B. Cloud-Anwendungen) und/oder Qualifizierung Mitarbeiter für Schulungen im Umgang mit digitalen Technologien.

Digitalisierungsprämie Plus:
Die Digitalisierungsprämie Plus ist ein Darlehen- bzw. Zuschussprogramm des Landes Baden-Württemberg. Gefördert werden Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft und Angehörige der freien Berufe (< 500 Beschäftigte). Die Projektförderung und Schulung der Mitarbeiter können in folgenden Bereichen erfolgen: Produktion und Verfahren (z. B. Produktionssteuerung, mobile Betriebsgeräte), Produkte und Dienstleistungen (z. B. digitale Plattformen, Fernwartung), Umsetzung von Strategien und Konzepten zur Digitalisierung (z. B. Cloudtechnologie).

Die IHK Südlicher Oberrhein unterstützt ihre Mitgliedsunternehmen bei der Auswahl eines Förderprogramms und bei der Antragstellung. Weitere Informationen zur IHK Südlicher Oberrhein finden Sie hier: www.suedlicher-oberrhein.ihk.de

Insgesamt zeigten die Vorträge und die Diskussionen mit den Vortragenden und dem Publikum bei der Online-Veranstaltung „RE vor Ort: Ressourceneffizienz durch Digitalisierung“, dass die Digitalisierung zwar jedem ein Begriff ist, aber durchaus unterschiedliche Einsatzgebiete damit verknüpft werden. Je nach Reifegrad der Digitalisierung in Unternehmen und auch bei jeder einzelnen Person existieren verschiedene Blickwinkel und auch Informationsbedarfe. Für den Bereich Ressourceneffizienz ergeben sich dadurch verschiedene Chancen und Herausforderungen, die es in den nächsten Monaten und Jahren zu bearbeiten und zu nutzen gilt. Wenn durch Informationsveranstaltungen, Beratungen und Best-Practice-Beispiele ein Bewusstsein geschaffen werden kann, dass eine kombinierte und parallele Betrachtung von Digitalisierung und Ressourceneffizienz Sinn ergibt, können durch Digitalisierung wichtige Energie- und Materialeffizienzpotenziale gehoben werden.

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