Ort: Neue Mälzerei, Berlin
Datum: 07.12.2015
Knapp 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft kamen zur 16. NeRess-Konferenz unter dem Titel „Ressourceneffizienz und Klimaschutz - Synergien erkennen und nutzen“ am 07. Dezember 2015 in der Neuen Mälzerei in Berlin zusammen.
In seinem Begrüßungsvortrag verwies Dr. Helge Wendenburg, Leiter der Abteilung für Wasserwirtschaft und Ressourcenschutz im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB), auf die zeitgleich in Paris stattfindende Klimakonferenz der Vereinten Nationen. Damit zeichnete er den globalen Rahmen zu den Themen Ressourceneffizienz und Klimaschutz, der im Verlauf der Veranstaltung immer wieder zur Sprache kam. Wer ressourceneffizient handle, schütze im Regelfall auch das Klima, so Dr. Wendenburg im Hinblick auf den massiven Energieaufwand bei der Rohstoffgewinnung. Den Schlüssel zu einer ökologisch angemessenen Entwicklung sieht er unter anderem in der Steigerung von Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit relevanter Technologien und Unternehmen, flankiert von klugen und langfristig wirkenden Infrastrukturentscheidungen des öffentlichen Sektors. Klimaschutz und Ressourceneffizienz – für Dr. Wendenburg zwei Seiten einer Medaille.
Dr. Hubertus Bardt vom Institut der deutschen Wirtschaft skizzierte mit seinem Vortrag die Synergien zwischen Ressourceneffizienz, Klimaschutz und volkswirtschaftlichen Zielsetzungen. Effizienz, Substitution und Innovation beim Einsatz von Material leisteten in Zeiten steigender Rohstoffpreise einen Beitrag zur Optimierung der betrieblichen Kostenstruktur. Doch nicht in allen Fällen ließe sich von Win-Win-Situationen sprechen. Die Förderung von Innovationen könne Verteilungskonflikte um Ressourcen zukünftig entschärfen und auch eine Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und CO2-Emissionen fördern.
Jürgen Giegrich vom Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH (ifeu) argumentierte anhand vielfach diskutierter Maßnahmen, dass erst ein Blick ins Detail mögliche Zielkonflikte zutage treten lässt. Am Beispiel der Rückgewinnung von Kupfer wies er auf die Existenz einer Nutzenschwelle hin, nach deren Überschreitung der Energieaufwand für die Gewinnung von Kupfer aus Recycling und Wiederverwertung jenen aus der Gewinnung von Primärkupfer übersteige. Ähnlich komplex gestalte sich auch der Vergleich von Kraftfahrzeugen mit Verbrennungsmotor und Elektroantrieb (mit bzw. ohne vollständigen Betrieb durch erneuerbaren Strom). Unter Berücksichtigung des aktuell verfügbaren Energiemixes unter Einbeziehung des kumulierten Rohstoffaufwands, präsentierten sich Fahrzeuge mit konventionellem Antrieb ggf. als klimaneutralere Alternative. Er resümiert, dass eine breite Diskussion diese Zielkonflikte adressieren müsse und dass das Ziel des Klimaschutzes prioritär zu verfolgen sei.
Im daran anschließenden Beitrag thematisierte Dr. Klaus Jacob, Forschungsdirektor am Forschungszentrum für Umweltpolitik der Freien Universität Berlin verschiedene Wechselwirkungen zwischen den beiden Bereichen Ressourceneffizienz und Klimaschutz. Diese spielten bei der Konzeption von Maßnahmen und Strategien teilweise nur eine untergeordnete Rolle, würden bei ihrer praktischen Umsetzung hingegen umso stärker zu Tage treten. Er konstatierte, dass die konkrete Ausgestaltung von Maßnahmen und Instrumenten einen wesentlichen Einfluss auf Ausmaß und Umfang von Wechselwirkungen habe. In jedem Fall aber seien erhebliche Synergiepotenziale zwischen Ressourceneffizienz und Klimaschutz erkennbar, so Dr. Jacob.
Thomas Bergmann vom Öko-Institut e.V. richtete den Blick auf bestehende Synergien in einem konkreten Sektor: Am Beispiel des Tiefbaus stellte er die bilanzierten Umweltwirkungen einer Branche dar, die auch den Materialeinsatz inklusive bestehender Vorketten, den kumulierten Energieaufwand sowie die CO2-Emissionen berücksichtigten. Als Ergebnis der Untersuchung identifizierte er ein Rohstoffeinsparpotenzial von über 24% sowie von 11% für CO2-Emissionen in den untersuchten Bereichen. Um diese Potenziale zu heben, müssten jedoch technische Regelwerke weiterentwickelt und der Einsatz von Sekundärrohstoffen gefördert werden. Dies könne auch die öffentliche Hand durch eine entsprechende Berücksichtigung von Wiederverwertung in Ausschreibungen unterstützen.
Die Vorstellung der „Think Blue. Factory.“-Initiative durch Dr. Roman Meininghaus, Leiter Immissionsschutz der Volkswagen AG, rundete den zweite Block der Konferenz durch den Fokus auf ein etabliertes Best-Practice-Modell ab. Die Zielsetzung des Unternehmens, den Energie- und Wasserverbrauch, die Industrieabfälle sowie die CO2- und Lösemittelemissionen bis 2018 um 25 % im Vergleich zu 2010 zu erreichen, kann ebenso wie die ernsthaften Anstrengungen zur Implementierung als wegweisend betrachtet werden.
Dr. Martin Vogt vom VDI ZRE erläuterte, wie die Ressourcen- und CO2-Emissionseinparungen bei den Projekten des Umweltinnovationsprogramms (UIP) des BMUB und des Umweltbundesamts methodisch berechnet werden, um so u. a. diese Synergien aufzuzeigen. Daran schloss Dr. Robert David von der Interprint GmbH mit der Vorstellung eines vom UIP geförderten Innovationsprozesses an. Am Beispiel der Entwicklung eines energie- und ressourceneffizienten digitalen Druckverfahrens in der Dekorindustrie konnte so u.a. dargestellt werden, dass das Klimaschutzpotenzial einer Reduktion von Material jenes von eingesparter Energie übersteigen kann.
Dr. Markus Berger von der TU Berlin und Dr. Martin Kirchner von der Evonik Technology & Infrastructure GmbH stellten mit der ESSENZ-Methode eine integrierte Methode zur ganzheitlichen Berechnung und Messung von Ressourceneffizienz vor. Als Fallbeispiel führten sie in das Evonik-Projekt „SusHy – Sustainable Hydrogen“ ein, dessen Ziel die Entwicklung nicht-edelmetallbasierter Katalysatoren zur Herstellung von Wasserstoff mittels Elektrolyse ist.
Als letzter Redner brachte Johannes Jansen, Geschäftsführer der project Automation & Engineering GmbH, einen weiteren Beitrag aus der Praxis eines innovativen Unternehmens mit in die Veranstaltung ein. Durch die Anwendung seines neuen, material- und energieeffizienten Getränkeverpackungsgebindes können bis zu 95 % Energie- und CO2-Emissionseinsparungen sowie 75 % Einsparungen von Verpackungsmaterial im Vergleich zu konventionellen Schrumpfverpackungen erreicht werden, so Jansen.
Die lebhafte Podiums- und Publikumsdiskussion zum Abschluss der Konferenz spiegelte die Komplexität einer ganzheitlichen Betrachtung von Ressourceneffizienz und Klimaschutz wider. Dabei wurde über die Rahmenbedingungen für technologische Innovationen in diesem Bereich ebenso diskutiert, wie über die Kommunikation möglicher Einsparpotenziale bei Kunden. Ein weiteres Thema war die Anwendung von Indikatoren zur Berechnung von Einsparpotenzialen in der Praxis, was dort häufig zu einem vertieften Bewusstsein für Klimaschutz und Ressourceneffizienz beitrage.